Die Stadtwerke haben ein Carsharing-Unternehmen mit derzeit 60 Fahrzeugen aufgebaut. Und sie wollen stark expandieren: Schon bald sollen es 500 Autos im Land sein. Das Besondere aber ist, dass die Firma mehr bietet als nur Mietwagen.
Derzeit bahnt sich in Calw ein Vorstoß in Sachen Elektromobilität an, der womöglich bald landesweit von sich reden machen wird. Das Unternehmen „Deer“ (englisch für Hirsch) ist eine Tochter der städtischen Energie Calw – und hat bereits eine Infrastruktur mit 60 Elektroautos und 130 Ladesäulen in der Region aufgebaut. Vor allem will der Hirsch große Sprünge machen: Allein 2019 werden weitere 50 Autos angeschafft, in drei Jahren sollen es 500 überall im Land sein – dann wäre Deer fast so groß wie Car2go jetzt in Stuttgart und einer der größten Player im E-Carsharing im Südwesten.
Natürlich ist auch bei Horst Graef, dem Geschäftsführer von Energie Calw sowie Deer, viel Marketingsprech dabei, aber Kunden bestätigen weitgehend, dass die Ideen und Angebote der Firma oft weiter gehen als anderswo. So will Deer ein Komplettangebot machen: Die Stadtwerke verteilen nicht nur Elektroautos übers Land, sondern man kann auch ein Auto auf längere Zeit leasen. Wer will, dem bauen die Stadtwerke eine Fotovoltaikanlage aufs Dach, aus der dann der Strom für das Fahrzeug kommt. Eine sogenannte Wallbox, also eine private Ladesäule, wird gerne eingerichtet. Der Service werde großgeschrieben, rund um die Uhr erhält man zum Beispiel ein Ersatzfahrzeug, wenn man doch mal eine Panne hat. Niemand soll bei Deer zum Hirsch werden müssen.
Das Angebot soll es bald in vielen Städten im Land geben
Vor allem aber sind die Preise für die gut ausgestatteten Renault Zoe und E-Golfs fast schon befremdlich günstig: Eine Stunde Automiete kostet 4,50 Euro, ein Tag 29,90 Euro. Bei Car2go zahlt man für einen Smart 79 Euro. Manche munkeln, da werde von den Stadtwerken quersubventioniert, was Graef aber bestreitet: Deer sei selbst wirtschaftlich. „Wir wollen die gesamte Elektromobilität aus einer Hand anbieten und viel Komfort und Service bieten“, gibt Graef als Ziel vor – damit das Umsteigen nicht nur ein gutes Gewissen bringt, sondern auch Spaß. Das geplante starke Wachstum soll sich aus zwei Quellen speisen. Erstens bietet man Firmen an, den Fuhrpark für sie komplett zu managen. Und zweitens ist man in Gesprächen mit vielen Städten, die das E-Carsharing-Modell aus Calw übernehmen wollen. In Böblingen ist Deer schon aktiv, aktuell hat Süßen im Kreis Göppingen Interesse, Heilbronn, Waiblingen und Freudenstadt könnten folgen. Oft machen auch die örtlichen Stadtwerke mit.
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Stuttgarter Zeitung, Thomas Faltin, 11.02.2019